Dieser Artikel ist, mit minimalen Änderungen, identisch mit meiner Präsentation zum 2. Düsseldorfer WaveWednesday am 12. August 2009.
Eines der erfolgreichsten deutschen Gegenwarts-Meme ist die Frage, ob das Internet ein „rechtsfreier Raum“ sein darf. Warum ist dieses Mem so überaus erfolgreich? Drei Gründe stechen, meine ich, hervor: Zum einen ist dieses Mem randvoll mit jener Form gesamtgesellschaftlich konstruierter Ideologie, die so transparent ist, so unsichtbar, daß sie gar nicht als Ideologie wahrgenommen wird, sondern als selbstverständlicher Bestandteil von Natur und Welt erscheint. Darf es keine „rechtsfreien Räume“ geben? Ist „rechtsfrei vs. rechtserfüllt“ in allen Situationen und Medien einforderbar dasselbe? Gibt es keine akzeptablen Zwischenstufen? Oder leben wir nicht sogar ständig mit genau solchen Zwischenstufen? Darüber müßte zum Beispiel einmal nachgedacht werden. Wird es aber nicht. Das zweite Element, das dieses Mem so erfolgreich macht, ist die rhetorische Macht, die es im Sinne einer metonymischen Manipulation entfaltet. Hier steht ein Aspekt (Kinderpornographie) für ein Medium (das Internet), und jede Frage, die dieses Medium aufwirft (Redefreiheit, informationelle Selbstbestimmung), erscheint durch die Macht der Metapher, der Metonymie, plötzlich auf erpresserische Weise unzulässig („die Kinder, die Kinder!“). Das dritte Element, und da sind wir ganz Mensch und ganz Kaninchen, ist ein billiger Taschenspielertrick: was ist überhaupt dieser „Raum“?
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