Complexity & Processity

Der letzte Artikel hier im Wavetank von Dr. J., “The Wave, Buzz, Facebook, and Everything“, mäkelt an den Vielzahl der Quellen, dem Rauschen in den Kanälen und der Redundanz der Informationen auf den Kanälen herum. Das J. dabei nicht schirrmachert weiß jeder, der auch nur kurz in die Ästhetische Gesellschaft hereingeblickt hat.

Wichtig ist, die notwendige Reflexionshöhe einzunehmen. Daher 3x ein ganz einfaches Ja:

  • Ja, wir leben in einer Zeit des Wandels und müssen mit uns selbst wie mit unserer Umwelt geduldig sein
  • Ja, wir leben in einer beschleunigten Zeit und müssen uns daher gelegentlich anschnallen
  • Ja, wir leben in einer Zeit der Abstraktion und müssen das Lernen von den Fakten auf die Methoden verlagern

Das Sehnen aus J.’s Artikel ist mehr als verständlich; und dem Motto dieses Blogs folgend, ist es als ein notwendiger Schmerz zur Beschleunigung aus dieser merkwürdigen Watte-Zeit heraus. Einer Zeit, in der die Gesellschaft selbst zerrissen scheint zwischen müder Restauration und gewagter Utopie; in der diese beiden aber zugleich merkwürdig abstrakt und unfassbar sind. Spürbar sind sie, aber was genau ist denn damit gemeint?

Das Vorstehende soll für dieses Mal eine rhetorische Frage bleiben; da ich hier auf einer anderen Ebene konkretisieren möchte:

Was könnte denn eine Kulturtechnik sein, mit deren Hilfe wir in das folgende Zeitalter schreiten können? Das Zeitalter voller neuer Technologien, die jede für sich grundsätzliche Fragen auf absoluter Höhe stellt (nur zur Erinnerung: Nano-Assembling, Bio-Assembling, Gentechnik, (Nano-)Robotik, Computing und Informationstechnologie).

In einem anderen Zeitalter hätte man vermutlich den Term der Werte gesucht; wenn die Welt jedoch digital wird und die oben erwähnten Technologien durchschlagen, könnte die Kulturtechnik des Wertekonsens zu kurz greifen.

Ein Ansatz, der gelegentlich schon durch die Ästhetische Gesellschaft waberte, scheint mir das Üben des richtigen Maßstabes zu sein; Dinge von ganz nah und gleichzeitig von ganz fern betrachten zu können. Ein schneller Tanz der Gedanken, der Inspiration und der Erfahrung: Skalierung in der Betrachtung und im Betrachteten. (siehe auch: Vom kulturellen Wirkungsquantum)

So wie wir heute ein Bauchgefühl für den richtigen Ton, das Duzen oder Siezen, für Smalltalk und Eskalation, für Tischmanieren, die Unschuldsvermutung und 1000 andere Gesten entwickelt haben um in der Gesellschaft der sozialen Marktwirtschaft miteinander leben zu können, so ist es notwendig, eine ebenso tiefe Geste zu etablieren, die den skizzierten Anforderungen gerecht wird.

Zu wissen, wann das Verstehen das Sehen von Atomen erfordert; wann es des übergeordneten Musters bedarf. Selbstverständlich ist dies nicht binär, sondern ein Übergang.

Guckt man nun hier mit der Metabrille; so muss eine Gesellschaft des “Flux”, die von den Vorteilen der technologischen Beschleunigung profitieren will, auf der Seite des Fortschritts die Komplexität umarmen. Muss eben jene Skalierungsübung immer wieder vollziehen, solange bis der Fokus scharf ist und sich dann, auf der Seite der Integration, beständig auf die Feinjustierung gesellschaftlicher Prozesse verständigen.

Das Lösen von der Ebene der Informationsatome ist dabei ebenso selbstverständlich wie auch überflüssig. Die Entitäten des Wissens werden allgegenwärtig zur Verfügung stehen. In einer wirklich digitalisierten Gesellschaft noch um Größenordnungen intensiver als heute. Verloren der, der sich nicht auf das Erkennen von Mustern versteht. (Update: Noch verlorener der, der bisher seine Wertschöpfung mit der Vermittlung von Fakten erwirtschaftete und nun die Ebene der Muster nicht versteht. Siehe auch: Die Kybernese der Gesellschaft)

Die Abstraktionsebene kennt natürlich das Mittel und den Phänotyp des Beispiels; was aber nichts vom Paradigma des Zugangs durch das Muster abziehen kann.

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weitere Leseempfehlungen im Kontext:

Präzision und Unsichtbarkeit

Schon seit einigen Jahren verfolgen Siggi und ich die Entwicklungen in der Robotik mit großem Interesse. Auf der technischen Ebene sind wir staunende Laien; unser Beobachtungsschwerpunkt ist vielmehr die Exploration der Prototypen in die manifeste Welt. Wie werden die Phänotypen aussehen, die uns aus der Serienproduktion entschlüpft begrüßen werden? Welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, künstlerischen, militärischen […] Szenarien sind denkbar?

Im Kontext des Wavetank ist dies von besonderem Interesse: Robots haben schon jetzt einen gigantischen Anteil an der Wirtschaftsleistung der Post-Industrie-Gesellschaften. Sie umgeben uns überall. Als Geldautomat, als Assistent für XYZ im Auto, als Waschmaschine oder als der Software-Hardware-Hybrid, mit dem dieser Text geschrieben und gelesen wird. Robots verändern den Arbeitsmarkt, die Anforderungen an das Lernen, das vom konkreten Detailwissen seinen Schwerpunkt zum abstrakten Mustererkennen und -projizieren verschiebt.

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Just say NO

Das Leitmotiv vieler gegenwärtiger politischer, wirschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse scheint mir ein Nein zum Nein zu sein. Unter diesen Bedingungen ist die Flucht in die scheinbare Sicherheit von Trends nichts als der Ausdruck der Mutlosigkeit zur Utopie. Nur wo die phantastische Negation eines Bestehenden ihren mutigen Ausdruck in der Vision einer Utopie findet, können auch Kulturformen des Übergangs (Luhmann) gefunden werden um die explodierende CO-ntingenz auf bearbeitbaren Boden zu reduzieren. Nur so könnten statt im Kern lächerlicher futuristischer Kürvchen, Bilder von Zukünften formuliert werden, die genügend CO-nsens erzeugen, damit Organisationen Formen finden, die ihnen ermöglichen genügend Selbstähnlichkeit aufrechtzuerhalten, ohne die notwendigen Transformationen in Katastrophen oder Dystopien enden zu lassen. Zuviel Ernst produziert in dieser Lage nur eventuell tödliche Denkverbote.

Die Ästhetische Gesellschaft – Session.Two

Die zweite Session der ästhetischen Gesellschaft beschäftigt sich mit der Business-Relevanz von utopischen Konzepten und der Relevanz der Begriffe Entropie und Ektropie zur Beschreibung von Beschleunigungspotentialen. Diesmal haben wir es uns in der richtwert-Küche gemütlich gemacht. Wir, das sind wieder Siggi, J. und Tim.

Update:
Im weiteren Kontext ist das Video von Paul Strassmann sehr interessant, auf das wir uns zwischendurch auch beziehen.

Die Ästhetische Gesellschaft – Session.One

Der Start eines neuen Projektes des Wavetanks: Die Ästhetische Gesellschaft. Wir nehmen uns die Zukunft vor und breiten sie in der Gegenwart aus.

Ausgangspunkt der ersten Session ist zunächst die Feststellung, ob nicht die exorbitante Zunahme an Software-Bots und digitalen Agenten schon allein zu einer neuen Gesellschaftsform führen muss.

Und auch, ob nicht im Sinne der Ästhetik Schillers, dies eine “Ästhetische Gesellschaft” sein muss.

Zum Hintergrund gibt es einen Artikel im Wavetank: Bot-mediated Reality