Die ästhetische Zahl

Die “ästhetische Zahl” definiert die Anzahl an Technologien, die eine Gesellschaft in der Zeit integrieren kann, die von ihr als kleinste zusammenhängende Einheit kollektiv wahrgenommen wird: Eine Micro-Epoche.

In diesem Sinne gibt es zwei wesentliche Bewertungsfaktoren: 1. ist eine so definierte Micro-Epoche in Realzeit länger oder kürzer als die vorhergehende und 2. ob die ästhetische Zahl von einer Micro-Epoche zur nächsten zu- oder abnimmt. Von Ektropie sollte nur gesprochen werden, wenn 1. kleiner und 2. größer wird.

Gesellschaftsweitwurf

Kunst ist auch manchmal eines: Gesellschaftsweitwurf. Eine trajektorische Disziplin, selbige man Stefan Zöllners durchaus zuschreiben kann: Obwohl sie machtlos wirkt, da ihr offener Ideenraum dem Betrachter weder Rezeptions- noch Antwortebene vorzuschreiben scheint, kann sie dennoch qua ihrer utopischen Hellsicht den wachen Teilnehmer signifikant beschleunigen.

Vor ca. einem Jahr waren Siggi und ich zu Gast in Stefans Atelier vor den Toren Düsseldorfs. Dabei entstand der folgende kleine Clip (aus der Hüfte geschossen), den wir anlässlich der AION-Vernisage in Köln gerade wiedergefunden haben.

The Siggi’s Speech zur AION Ausstellung wurde ebenfalls videofiziert:

Diskurskratie vs. Utopiekratie

Als homo sapiens sapiens sollte man die Evolution lieber nicht doof finden; nur hat ebendiese nicht die Eigenschaft, Halt zu machen, wenn es Vertretern ebenselber Gattung zu bunt wird. Weder zögert sie temporal noch spatial. Sie ist eine grundlegende Eigenschaft von Systemen. Zum Leidwesen zahlreicher Branchen ist die vom homo sapiens sapiens hervorgebrachte Technologie aber auch ein System. Ebenso wie seine Kommunikation. Damit entziehen sich diese drei Begriffe einer allgemeinen Kontrolle. Zwar kann im einzelnen intrasystemisch reguliert oder beeinflusst werden (siehe z.B. “Framing” in diesem Video), die Entwicklung des Ganzen geschieht jedoch ohne das Zutun einzelner Protagonisten.

In diesem Sinne ist gestern mancherorts eine Diskussion und andernorts ein Diskurs entbrannt. Es wäre dem System Hypertext wie der Intelligenz der Leser des Wavetanks nicht angemessen, die Argumente von dem einen wie dem anderen Ort hier zu repetieren. Es geht vielmehr um das Leitthema, des Verlassens der Postmoderne: Die Medienrevolution. (Die Ästhetische Gesellschaft hat dieses Thema ebenfalls mehrfach erörtert.)

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Distanzmessungen oder der Fall der Medien

Zur zweiten Session der ästhetischen Gesellschaft hat sich in der vergangenen Woche eine kleine Debatte in meinem Blog entfacht, auf die ich auch dort geantwortet habe. Ich nehme u.A. Bezug auf Elena Esposito zur Transparenz der Technik in der medialen Kommunikation.

Es lohnt sich im weiteren Kontext auch zu lesen:

Just say NO

Das Leitmotiv vieler gegenwärtiger politischer, wirschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse scheint mir ein Nein zum Nein zu sein. Unter diesen Bedingungen ist die Flucht in die scheinbare Sicherheit von Trends nichts als der Ausdruck der Mutlosigkeit zur Utopie. Nur wo die phantastische Negation eines Bestehenden ihren mutigen Ausdruck in der Vision einer Utopie findet, können auch Kulturformen des Übergangs (Luhmann) gefunden werden um die explodierende CO-ntingenz auf bearbeitbaren Boden zu reduzieren. Nur so könnten statt im Kern lächerlicher futuristischer Kürvchen, Bilder von Zukünften formuliert werden, die genügend CO-nsens erzeugen, damit Organisationen Formen finden, die ihnen ermöglichen genügend Selbstähnlichkeit aufrechtzuerhalten, ohne die notwendigen Transformationen in Katastrophen oder Dystopien enden zu lassen. Zuviel Ernst produziert in dieser Lage nur eventuell tödliche Denkverbote.

Die ästhetische Gesellschaft – Session Three

Der dritte – und aus Versehen merkwürdig kurze – Session der ästhetischen Gesellschaft beginnt mit der Debatte über meinen Versuch zu einer Pragmatik der ästhetisch-dynamischen Felder und endet in einer Zuspitzung dynamischer Gesellschaften… Klingt schlimmer, als es ist 😉

Elena Esposito: Die Transparenz der Technik in der medialen Kommunikation

Elena Esposito hat im Mai 2008 einen bemerkenswerten Vortrag über “Die Transparenz der Technik in der medialen Kommunikation” im Rahmen des Bochumer Kolloquiums Medienwissenschaft gehalten. Sie ist Soziologin, Schriftstellerin und Dozentin an der Universität Modena und Reggio Emilia. 1987 hat sie ihr Diplom in Politikwissenschaft bei Umberto Eco gemacht und schließlich 1990 bei Niklas Luhmann promoviert. Noch mehr aufregende Details kennt Wikipedia.

Nur einen Aspekt möchte ich hier noch mal besonders herausheben… Elena Esposito beschäftigt sich mit der Frage, wie sehr die technische Funktionsweise eines Mediums vom Empfänger (oder den Kommunizierenden) verstanden sein muss, um die Botschaft verstehen zu können.

In der Session.One haben wir diese Frage noch weiter zugespitzt und nach einem Ästhetik-Begriff für eine Gesellschaft gefragt, in der nicht nur das technische Medium durch seine Transparenz Eigenschaften einer ersten Natur annimmt, sondern auch der Entscheider hinter dem Medium ebenfalls eine Maschine ist.

Besonders der Artikel “Bot-Mediated Reality” ist im Kontext noch zu empfehlen.

Forderung einer ästhetischen Feldtheorie dynamischer Netze

Zunächst eine Vorwarnung. Der Gedanke dieses Artikels ist, wie vieles im Wavetank, maximal eine Beta-Version, ein Versuch, ein Experiment. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, ist herzlich eingeladen in die Diskussion einzugreifen und zur Fortentwicklung oder zur Beerdigung beizutragen.

Wozu dient dies? Dies ist bei weitem kein Versuch eine Theorie sozialer Interaktion oder soziologischer Phänomene zu verfassen. Dieser Versuch beschränkt seinen Blickwinkel auf die wahrnehmbaren Effekte kommunikativer Prozesse (in einer hochvernetzten Welt). Er kratzt dabei an systemischen Effekten die zu Formen von Ungleichheit und damit zu Machtpotentialen führen. Primäres Ziel ist jedoch im Kontext des Potentials der instantanen Hochvernetzung einen Diskurs über eine Beschreibungssprache zu beginnen.

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Die Ästhetische Gesellschaft – Session.One

Der Start eines neuen Projektes des Wavetanks: Die Ästhetische Gesellschaft. Wir nehmen uns die Zukunft vor und breiten sie in der Gegenwart aus.

Ausgangspunkt der ersten Session ist zunächst die Feststellung, ob nicht die exorbitante Zunahme an Software-Bots und digitalen Agenten schon allein zu einer neuen Gesellschaftsform führen muss.

Und auch, ob nicht im Sinne der Ästhetik Schillers, dies eine “Ästhetische Gesellschaft” sein muss.

Zum Hintergrund gibt es einen Artikel im Wavetank: Bot-mediated Reality