Fragen an die offene Gesellschaft

Wirken bei rein intrasystemischen, in ihren Abstraktionsgraden transparenten und in Realzeit stattfindenden, autopoetischen Beobachtungsprozessen evolutionäre Kräfte, die, gibt man ihnen die Macht der Masse, exponentiell beschleunigend wirken? Wenn aber ein neues System entsteht, dass bisher extrasystemische Wechselwirkungen assimiliert, welche Rolle spielt dann noch Macht und wieweit ist Beschleunigung überhaupt dann noch ein beeinflussbarer Faktor?

Ja, wieweit ist Beschleunigung überhaupt sichtbar, wenn der Druckausgleich zwischen Systemen von den Protagonisten, die mit einem Fuß in einem “lokalen” und mit dem anderen in einem abstrakten “Metasystem” stehen, nicht mehr als bedrohlich gesehen wird, weil sie Stand- und Spielbein beliebig wechseln können?

Schließlich: Ist die nächste Generation sozialer Netzwerke eine, die Resilienz dieser Ordnung als Werkzeug für ihre Mitglieder, oder (nur) für ihre Betreiber zugänglich macht?

Siehe auch:

und:

Session 9: The Lost Episode

Im Laufe diesen Sommers; auf Siggi’s Dachterrasse trafen wir uns, Luhmann und die Komplexität. Die replikativen Bits weilten einige Wochen auf einer #SmartCard, was zu spannenden visuellen und akkustischen Reizen führt. MTV wäre in den 80gern sicher stolz darauf gewesen; wir verweisen derweil einfach darauf, dass es eigentlich auch egal ist.

Die Episode schließt – auch wenn uns dies erst später auffiel – an meinen Post zur Dekohärenz sozialer Systeme an. Ansonsten: Macht, Ungleichverteilung, Restauration und die Borg. Siggi verspricht gerade ein ausführliches Addendum. Morgen.

Nachtrag: Ergänzung zum 9. Geplauder

Session 8: Der Mensch im Netzwerk

Siggi goes wild – und beginnt die Session mit einer Referenz auf das diesjährige Bilderberg-Treffen: Interessanter Weise war bei diesem Treffen auch Peter Thiel eingeladen, was vermuten lässt, dass der durchaus exklusive Macht-Club der Bilderberger dessen Themen auf der Agenda hat.

Die “Beschleunigung der Beschleunigung” ist der zentrale rote Faden, den man bei der Außenbetrachtung von Peter Thiels Lebenslauf deutlich schimmern sieht. Mit ganz konkreten Auswirkungen. Ob dies nun die aktive Förderung von Aubrey de Grey, das Investment in Facebook (Thiel hält 7%) oder die Gründung des Singularity Summits ist.

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PR, Netzwerken und Propaganda unter den Bedingungen des 21. Jhds

In den 80er und 90er Jahren wurde in Management-Seminaren und solchen, die sich dafür hielten, davon gesprochen, welche Macht im Netzwerken steckt. Nun, 2010 netzwerkt irgendwie jeder, zumindest einige hundert Millionen Menschen und dies mit exzessivem Einsatz von Hochtechnologie. Dies ist möglich, da selbige im Sinne Espositos “transparent” geworden ist.

In einer Gesellschaft, in der das Netzwerken zum täglichen Brot gehört, kann es nicht mehr ein Werkzeug zur Machterlangung sein. Oder? Beschleunigt man das Netzwerken linear, so könnte durch die kontinuierliche Verbesserung der Qualität der Netzwerke nach wie vor ein Wettbewerbsvorteil zu erreichen sein. In exponentiell beschleunigten Systemen oder allein schon dann, wenn der Vergleich der Qualität der Knotenpunkte nur eine sehr kleine Schwelle darstellt, dürften die Kosten die notwendig sind, einen signifikanten Abstand zur Masse herzustellen, jedoch ebenfalls exponentiell steigen.

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Der Ort, die Zeit

Messen, Kongresse, Konzerte, Parteitage, Events (…) haben implizit einen neuen Anspruch übergestülpt bekommen. Wer Vernetzung und Kommunikationstechnologie ernst nimmt, sollte im Zeitalter des Internets einen guten Grund haben, jemanden vor Ort zu bitten. Der Transfer von Informationen, oder performative Redundanz hatten sicherlich in vergangenen Epochen ihre gesunde Berechtigung, sich in lokalen Veranstaltungen zu manifestieren. 2010 jedoch sind sie schlicht eine Zumutung. Oder?

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Digital Everything

Leider überlagert die oftmals leidige (wenn auch notwendige) Mediendebatte andere Themen oder nimmt sich im öffentlichen Diskurs zu viel Raum innerhalb eines Themas. So auch im Kontext der “Digitalisierung”. Unweigerlich zwingt die alltägliche Erfahrung, hier an Copyrights, das papierlose Büro und den Überlebensk(r)ampf von allen möglichen Totes-Holz-Produkten oder die Piratenpartei zu denken.

Dabei geht es hier um Alles. Ja. Um Alles. Digitalisierung ist Utopie und Dystopie zu gleich. Sie wird uns alles nehmen und alles geben. Sie bedarf dringend einer intellektuellen Debatte und einer öffentlichen Reflexion. Dabei wird an manchen Stellen auf Terra schon lange an Produkten gearbeitet, die StarTrek und H.G. Wells müde aussehen lassen.

Einen kleinen Einblick in die Digitalisierung des Lebens selbst gewährte uns Craig Venter vor wenigen Tagen:

Die Digitalisierung der Prozesse der Erschaffung von Leben, im diesem Kontext mit dem Schlagwort der “synthetischen Biologie” oder dem “Bio-Assembling” bezeichnet ist keine ferne Vision. Sicher ist die Forschung noch lange nicht fertig und bis zu einer industriellen Fertigung werden noch einige Jahre vergehen… Moment… ! Braucht es bei einem klaren Durchdenken der Kontexte Digitalisierung und Bio-Assembling eine industrielle Fertigung? Wohl eher nicht. Im Massenmarkt werden wir Bio-Tamagotchis trotzdem noch nicht morgen haben.

Gentechnik auf Steroiden – der Umgang mit der DNA wie mit einer Programmiersprache zur Kreation ganz gezielter Lebensformen die ganz klar definierten Zwecken dienen sollen, ist ein Spielfeld unvermessener und ungeahnter Dimension. Charles Stross hat mit seinem Buch Accelerando einige gute Ideen geliefert.

Richtig spannend wird’s, wenn wir mehrere Visionen kreuzen: Mediale Kollaboration und Digitalisierung von “Allem”. Tools wie Wave lassen uns am Saum dieses Geistes schnuppern, das Plugin, welches die gemeinsame Modifikationen einer DNA erlaubt ist leicht zu schreiben… Der wahre Spaß liegt noch vor uns.

Im weiteren Kontext ist lesenswert:

Complexity & Processity

Der letzte Artikel hier im Wavetank von Dr. J., “The Wave, Buzz, Facebook, and Everything“, mäkelt an den Vielzahl der Quellen, dem Rauschen in den Kanälen und der Redundanz der Informationen auf den Kanälen herum. Das J. dabei nicht schirrmachert weiß jeder, der auch nur kurz in die Ästhetische Gesellschaft hereingeblickt hat.

Wichtig ist, die notwendige Reflexionshöhe einzunehmen. Daher 3x ein ganz einfaches Ja:

  • Ja, wir leben in einer Zeit des Wandels und müssen mit uns selbst wie mit unserer Umwelt geduldig sein
  • Ja, wir leben in einer beschleunigten Zeit und müssen uns daher gelegentlich anschnallen
  • Ja, wir leben in einer Zeit der Abstraktion und müssen das Lernen von den Fakten auf die Methoden verlagern

Das Sehnen aus J.’s Artikel ist mehr als verständlich; und dem Motto dieses Blogs folgend, ist es als ein notwendiger Schmerz zur Beschleunigung aus dieser merkwürdigen Watte-Zeit heraus. Einer Zeit, in der die Gesellschaft selbst zerrissen scheint zwischen müder Restauration und gewagter Utopie; in der diese beiden aber zugleich merkwürdig abstrakt und unfassbar sind. Spürbar sind sie, aber was genau ist denn damit gemeint?

Das Vorstehende soll für dieses Mal eine rhetorische Frage bleiben; da ich hier auf einer anderen Ebene konkretisieren möchte:

Was könnte denn eine Kulturtechnik sein, mit deren Hilfe wir in das folgende Zeitalter schreiten können? Das Zeitalter voller neuer Technologien, die jede für sich grundsätzliche Fragen auf absoluter Höhe stellt (nur zur Erinnerung: Nano-Assembling, Bio-Assembling, Gentechnik, (Nano-)Robotik, Computing und Informationstechnologie).

In einem anderen Zeitalter hätte man vermutlich den Term der Werte gesucht; wenn die Welt jedoch digital wird und die oben erwähnten Technologien durchschlagen, könnte die Kulturtechnik des Wertekonsens zu kurz greifen.

Ein Ansatz, der gelegentlich schon durch die Ästhetische Gesellschaft waberte, scheint mir das Üben des richtigen Maßstabes zu sein; Dinge von ganz nah und gleichzeitig von ganz fern betrachten zu können. Ein schneller Tanz der Gedanken, der Inspiration und der Erfahrung: Skalierung in der Betrachtung und im Betrachteten. (siehe auch: Vom kulturellen Wirkungsquantum)

So wie wir heute ein Bauchgefühl für den richtigen Ton, das Duzen oder Siezen, für Smalltalk und Eskalation, für Tischmanieren, die Unschuldsvermutung und 1000 andere Gesten entwickelt haben um in der Gesellschaft der sozialen Marktwirtschaft miteinander leben zu können, so ist es notwendig, eine ebenso tiefe Geste zu etablieren, die den skizzierten Anforderungen gerecht wird.

Zu wissen, wann das Verstehen das Sehen von Atomen erfordert; wann es des übergeordneten Musters bedarf. Selbstverständlich ist dies nicht binär, sondern ein Übergang.

Guckt man nun hier mit der Metabrille; so muss eine Gesellschaft des “Flux”, die von den Vorteilen der technologischen Beschleunigung profitieren will, auf der Seite des Fortschritts die Komplexität umarmen. Muss eben jene Skalierungsübung immer wieder vollziehen, solange bis der Fokus scharf ist und sich dann, auf der Seite der Integration, beständig auf die Feinjustierung gesellschaftlicher Prozesse verständigen.

Das Lösen von der Ebene der Informationsatome ist dabei ebenso selbstverständlich wie auch überflüssig. Die Entitäten des Wissens werden allgegenwärtig zur Verfügung stehen. In einer wirklich digitalisierten Gesellschaft noch um Größenordnungen intensiver als heute. Verloren der, der sich nicht auf das Erkennen von Mustern versteht. (Update: Noch verlorener der, der bisher seine Wertschöpfung mit der Vermittlung von Fakten erwirtschaftete und nun die Ebene der Muster nicht versteht. Siehe auch: Die Kybernese der Gesellschaft)

Die Abstraktionsebene kennt natürlich das Mittel und den Phänotyp des Beispiels; was aber nichts vom Paradigma des Zugangs durch das Muster abziehen kann.

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weitere Leseempfehlungen im Kontext:

Session 7: Epiphifzen und digitale Schwerkraft

Können die gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen des technologischen Fortschritts so hochfrequent sein, dass die Dauer einer Legislaturperiode nach unten korrigiert werden muss? Ist ein Mandat an die verfügbaren und kommunizierten Mittel des Mandatierungszeitpunktes gebunden?

Nachdem Siggi seiner Aufregung über Rorty Luft gemacht hat, kommen wir auf den obigen Trichter (siehe zu dem Trichter auch bei Siggi: “Maßstab“) nach dem Durchkämmen des Thrashold ;-), den Facebook mit seinem globalen iLike-IT Button in die Welt kippt. Differenzierung und Resilienz kann dann nicht mehr durch das Verbindungherstellen an sich erreicht werden; der Druck, auch binnendifferenziert seine Qualitäten auf der Reihe zu haben, also die Hausaufgaben zu machen, steigt in der Folge.

Zu den Hausaufgaben 2010 gehört auch die Auseinandersetzung mit den faszinierenden Entwicklungen der Robotik, die ich mit einem eigenen Artikel bereits am Wochenende beglückte: Präzision und Unsichtbarkeit.

Das Durchkämmen trägt uns noch ein kleines wenig weiter. Jay und ich entwickeln den Gedanken einer bremsenden Wirkung, die durch die zunehmende Digitalisierung der Welt verursacht werden könnte. Die Fluchtgeschwindigkeit vom Ist zu Utopia könnte in einer digitaleren Welt höher sein. Hier wirft dann auch Siggi noch mal völlig zurecht ein, dass “Digitalisierung” ein tendenziell eher unterschätztes Szenario ist. Rechercheanstöße mögen hier die Begriffe “Bekenstein Grenze” und “Computronium” sein.

Also, eine bunte Session, wieder mal jenseits der Stundengrenze. Aber noch leicht unterhalb der zeitlichen Ausdehnung der 6. Session.

Präzision und Unsichtbarkeit

Schon seit einigen Jahren verfolgen Siggi und ich die Entwicklungen in der Robotik mit großem Interesse. Auf der technischen Ebene sind wir staunende Laien; unser Beobachtungsschwerpunkt ist vielmehr die Exploration der Prototypen in die manifeste Welt. Wie werden die Phänotypen aussehen, die uns aus der Serienproduktion entschlüpft begrüßen werden? Welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, künstlerischen, militärischen […] Szenarien sind denkbar?

Im Kontext des Wavetank ist dies von besonderem Interesse: Robots haben schon jetzt einen gigantischen Anteil an der Wirtschaftsleistung der Post-Industrie-Gesellschaften. Sie umgeben uns überall. Als Geldautomat, als Assistent für XYZ im Auto, als Waschmaschine oder als der Software-Hardware-Hybrid, mit dem dieser Text geschrieben und gelesen wird. Robots verändern den Arbeitsmarkt, die Anforderungen an das Lernen, das vom konkreten Detailwissen seinen Schwerpunkt zum abstrakten Mustererkennen und -projizieren verschiebt.

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Session 5: Beschleunigung durch Metaphern und Geld?

Obwohl ungeplant hat die Session 5 unserer mentalen Freejazz-Runde einen erstaunlichen roten Faden: Zwischen den Zeilen schwebt beständig die Frage, ob es abstrakter kultureller Mittel wie etwa Metaphern und Geld bedarf, um Beschleunigung jenseits von Seitwärtsbewegungen erzielen zu können?

Des Pudels Kern habe ich vor wenigen Stunden zu packen versucht, bin aber sicher, dass es auch hierzu noch einer Vertiefung bedarf. In der Session waren wir deutlich konkreter und haben Siggis Mantra von der “Abstraktion und Parallelität” im ersten Teil auf einen semiotischen Pragmatismus, auf Metaphern und im zweiten Teil (ab Minute 15 etwa) auf die Virtualität des Geldes zu mappen versucht.

J. hingegen erinnert an einen interessanten Punkt, der ebenfalls dringend der Vertiefung bedarf: Nämlich die Frage, ob die Begriffe “Geld”, “Lernen” oder “Arbeit” aus einer kulturellen Perspektive eher assemblierende Funktion haben, als denn funktions-, objekt- oder tätigkeitsdeskriptiv zu sein.

In der Session versprach ich J. Links zu ein paar Videos zum Thema Geld, bisher habe ich dies nicht eingelöst, daher nun hier:
Wie funktioniert Geld? – Teil 1/3
Wie funktioniert Geld? – Teil 2/3
Wie funktioniert Geld? – Teil 3/3